Internationaler St. Wendeler MTB-Marathon

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„For the very first time…“

Rennbericht von Peter & Lea Tochtermann (8. August 2010):

Es ist bisweilen seltsam, was einem so durch den Kopf geht, wenn man im Startblock steht, das Auge stroboskopartig an das Gehirn wechselnde Bilder von rasierten Radfahrer-Waden, dem für fehlende Bewegung erstaunlich hohen Puls auf der Pulsuhr und einigen noch aufgeregteren Mitstreitern sendend, die wenige Sekunden vor dem Start mit einem Satz über die Seitenbegrenzung hechten, um dem Harndrang nachzugeben. An diesem Morgen in St. Wendel poppte aus den Untiefen der Erinnerung der ´88er Song von Robin Beck „First Time“ hoch, als Lea und ich nach unserem Beitritt zum Team im Juni diesen Jahres das erste Mal im Team-Trikot im Startblock standen, nachdem wir uns bisher ganz anonym in Jedermann-Kluft zwischen anderen Bikern eingereiht hatten. Freilich besteht die Team-Kluft im Gegensatz zum Outfit von Robin Beck und ihren Hardrock-Mannen nicht aus hautengen Lederhosen, Föhnmähne + Brusthaartoupet!!!

Erstmals mit dem Teamnamen auf den Klamotten hatten wir uns als Teamneulinge fest vorgenommen, den Ruf nicht zu ruinieren und als Minimalziel beim Internationalen St. Wendeler MTB-Marathon jedenfalls nicht ganz hinten in der jeweiligen Kategorie zu landen. Um das zu schaffen, schien uns die 53km- Strecke am sinnvollsten, weil wir von den Ausfahrten mit dem Team im heimischen Odenwald wussten, dass wir über diese Distanz auch einmal Vollgas geben können, ohne am Ende völlig einzubrechen (anders war das noch am Tegernsee auf 67 km mit 2600 Hm!). Die 107er-Strecke nahm hingegen Team-Kollege Martin Grafmüller unter die Stollen, der sich bereits mehrmals - zum Teil bei widrigsten Bedingungen - mit der langen Strecke selbstkasteit hatte. Dass am selben Tag auch noch die UCI Weltmeisterschaften ausgetragen wurden und man daher vor dem Rennen den Topstars der Marathonszene wie Sabine Spitz und Christoph Sauser beim Warmfahren zuschauen konnte, steigerte die Motivation umso mehr. Von den Veranstaltern des radsportbegeisterten Städtchens St. Wendel war es ein kluger Schachzug, die offizielle UCI Marathon-Weltmeisterschaft mit einem Jedermannrennen zu verbinden - so war eine super Stimmung garantiert und für jede Menge Zuschauer gesorgt.

Da Lea und ich jeweils mal schauen wollten, „was so geht“, haben wir uns entschieden, dass trotz ehelicher Verbundenheit jeder sein Tempo fährt. Nach einem - wie üblich - schnellen Start ging es gleich den ersten der vielen Anstiege hoch, so dass sich das Feld recht schnell entzerrte. Die Strecke war insgesamt durch viele kürzere, zum Teil aber sehr steile Anstiege charakterisiert, sodass die Strecke nur recht kurze Erholungspausen aufwies. Dies sollte sich insbesondere bei der Nahrungsaufnahme als problematisch erweisen: Wer schon einmal mit einem klebrigen Powerbar in der Hand davon überrascht wurde, dass es von dem vermeintlich erholsamen Schotterweg auf einmal rechts in einen Trail abgeht, wird wissen, was ich meine.

Die Trails waren - abgesehen von dem um den Griff pappenden Powerbar - sehr schön zu fahren: Überwiegend auf der zweiten Hälfte der Strecke schlängelten sie sich technisch nicht übermäßig anspruchsvoll mit kleinen Steilstufen und Wurzelpassagen zwischen Bäumen hindurch, wobei die Trails überwiegend weichen Waldboden und keine verblockten Passagen aufwiesen, sodass auch für uns richtiger Flow aufkam.

Da uns die Strecke wie erwartet als schneller Kurs (im Mittelfeld Durchschnitt an die 20 km/h) mit nicht allzu großen technischen Schwierigkeiten entgegenkam, konnten wir insbesondere am Berg Plätze gutmachen. Die oftmals von MTBlern verschmähten Grundlagenkilometer auf dem Rennrad im Frühjahr (gell, Julian!?) zahlten sich hier aus. Als Anfängerfehler erwies sich jedoch, dass Lea nicht mehr genau wusste, wie lang die Strecke war und daher zum Ende hin nicht genau einschätzen konnte, ab wann sie nochmal alles geben konnte, und ich dunkel einen grimmigen Zacken am Ende des Streckenprofils in Erinnerung hatte, auf den ich indes vergebens warten sollte und so gegen Schluss unnötige Körner für den inexistenten Schlussanstieg aufgespart hatte, als ich in den Zielbereich einfuhr. Also - beim nächsten Mal: Streckenprofil am Vorbau!

Am Ende konnten wir uns sehr zu unserer Freude im guten Mittelfeld platzieren: Während Lea Platz 4 (von 5 ;-) der Damenwertung erreichte und mit dem 18. Platz insgesamt genau in der Mitte der 36 platzierten Damen landete, war ich mit Platz 176. von 397 platzierten Herren insgesamt und einem 64. Platz von 126 in der Senioren I-Klasse für das erste Rennen im Team-Outfit mehr als zufrieden.

 

Nach unserem Rennen konnten wir dank der guten Zeiten sogar noch die Zieleinfahrt der neuen Weltmeister Esther Süss und Alban Lakata feiern und im Anschluss in der St. Wendeler Turnhalle den Tag mit Kuchen von netten Saarländer Damen ausklingen lassen. Der Kuchen war nicht nur von verständiger Hand gebacken, sondern noch dazu so günstig, dass die niedrigen Preise einen als Heidelberger dazu verleiten könnten, beim nächsten Bäckerbesuch den Inhaber lauthals als Wucherer zu beschimpfen.

Ob wir im nächsten Jahr wieder dabei sind? Aber ganz bestimmt!